Idee
Gesunde Ökosysteme mit ihren vielfältigen Funktionen wie Wasser- und Klimaregulierung, Luftreinhaltung, Produktion von Nahrungsmitteln und Bereitstellung von Erholungsräumen bilden die Grundlage unseres Lebens. Unsere heimische Kulturlandschaft ist in großen Teilen von industrieller Landwirtschaft und Monokultur geprägt, die mit ihrer Wirtschaftsweise dazu beitragen, dass die genannten Funktionen mittel- und langfristig nicht aufrechterhalten werden.
Sowohl diese Fehlstellung als auch die bereits in Unterfranken deutlich spürbare Klimakrise mit zunehmenden Extremwetterereignissen zeigen, dass Veränderungen notwendig sind, um eine lebenswerte Zukunft zu gestalten. Diversität, auch und vor allem auf kultivierten Flächen, die der Nahrungsmittelproduktion dienen, kann helfen, die Auswirkungen der Klimakrise lokal zu mindern, nachhaltig gesunde Lebensmittel zu erzeugen und stabile Ökosysteme zu etablieren.
Auf den Projektflächen werden artenreiche landwirtschaftliche Ökosysteme geschaffen, die mithilfe von regenerativen Dauerkulturen
- bodenaufbauend wirken,
- Wasserkreisläufe schließen,
- Lebensräume für verschiedene Arten schaffen,
- ganzjährig nachhaltig gesunde Lebensmittel erzeugen und
- Orte für Bildung, Begegnung, Vernetzung und Vielfalt darstellen.
Die Flächen tragen aktiv zum Klimaschutz und zum gesellschaftlichen Diskurs über eine klimaverträgliche und extensive Landwirtschaft bei. Dies wird mit einer gemeinschaftlichen, ökologischen Bewirtschaftung und mithilfe des Verwirklichens von Bildungsräumen, sozialen Begegnungen vor Ort und begleitender Öffentlichkeitsarbeit realisiert.
Fläche „Vielfaltwald"
Die Fläche wird an der West-, Ost- und Nordseite von einer dreireihigen Hecke mit heimischen Gehölzen eingefasst, die einen Windschutz für die Kulturen auf der Fläche bildet. Innerhalb der Fläche sind die Pflanzreihen der Gehölze in Nord-Süd-Richtung ausgerichtet, um eine bestmögliche Sonnenlichtausnutzung zu erreichen. Die Pflanzung in Reihen erleichtert die Bewirtschaftung. Die vielfältige Pflanzung geschieht auf mehreren Ebenen: einer Baumschicht, einer Strauchschicht, einer Beerenschicht und einer Bodeneinsaat über die gesamte Fläche.
Steinhaufen, Sandbänke und Totholzbiotope sind über die Fläche verteilt und bieten Unterschlupf und Lebensraum für verschiede Tier- und Pflanzenarten. Mehrere Sitzwarten bieten Greifvögeln Ansitzmöglichkeiten. Es entstehen vielfältige Strukturen und Lebensräume für eine Vielzahl an verschiedenen Tier- und Pflanzenarten.
Die Einsaat zwischen den Reihen erfolgt mit einer standortheimischen Wiesensaatmischung aus mahdverträglichen Blumen und Gräsern. Eine Teilfläche im Zentrum sowie die Umrahmung der Gesamtfläche wird mit einer Schmetterlings- und Wildbienensaum-Mischung eingesät, die einmal im Jahr gemäht wird. Dies sorgt für eine schnelle Durchwurzelung des Bodens und einen Schutz vor Bodenabschwemmung. Da die Flächen in Hanglage liegen, ist dies eine wichtige erste Maßnahme.
Durch einen langanhaltenden Blühzeitraum wird die Nahrungsversorgung sowie die Sicherung der Fortpflanzung und Gesundheit von blütenbesuchenden Insekten wie u. a.
Wildbienen, Honigbienen, Schmetterlingen nachhaltig verbessert.
Die dreiseitig umlaufende Hecke bietet einen Windschutz für die innere Fläche. Hierdurch wird die Verdunstung verringert und mehr Feuchtigkeit vor Ort gehalten, was das vorhandene Kleinklima beeinflusst und Trockenstress der Kulturen in der Fläche vorbeugt. Aufgrund der vielfältigen Pflanzenauswahl und der verschiedenen Strukturen bietet sie Nahrung, Unterschlupf und Lebensraum für viele verschiedene Tier- und Insektenarten.
Baumschicht: Die Bäume stehen in Abständen zwischen 8 m und 15 m, entsprechend ihrer späteren Wuchshöhe und -breite. Die Bäume sind entsprechend ihrer Ansprüche an Boden, Licht, Wärme etc. auf der Fläche verteilt. Es werden sowohl heimische wie nicht heimische Baumarten gepflanzt, um ein großes
Spektrum an Arten, Früchten, Pollen etc. zu erhalten und um Erkenntnisse zur Widerstandsfähigkeit gegenüber der lokalen Klimaveränderung und Extremwetterereignissen zu gewinnen.
Insgesamt wurde Wert darauf gelegt, die heimische Pflanzenfamilie der Rosengewächse mit Pflanzen aus anderen Pflanzenfamilien zu erweitern, um eine größere Vielfalt und Widerstandsfähigkeit gegenüber Krankheiten zu erreichen.
Strauchschicht: Zwischen den Bäumen und den Baumreihen sind als weitere Ebene und Strukturelemente Sträucher angeordnet. Die Artenzahl wird dadurch gegenüber der Baumschicht nochmal deutlich gesteigert. Ähnlich wie die Elemente der Hecke übernehmen die Gehölze der Strauchschicht die Funktion des Wind- und damit Verdunstungsschutzes für andere Kulturen. Sie bieten Lebensraum und Nahrung für Tiere und Insekten und tragen darüber hinaus zur Lebensmittelversorgung bei. Sowohl in der Baum- als auch in der Strauchschicht sind immer wieder Pflanzen eingestreut, die Stickstoff aus der Luft im Boden binden (z. B. Ölweiden) und damit zur Unabhängigkeit der Fläche beitragen.
Die Beerenschicht besteht aus verschiedenen niedrigen Beerensträuchern, welche die Zwischenräume der Reihen füllen.
Zunächst, wenn die Bäume noch klein sind, bekommt auch diese Schicht genug Licht ab, um sich zu entwickeln und Früchte zu tragen. Wenn nach mehreren Jahren die Ertragsperiode der Beeren zu Ende geht, nimmt auch die Beschattung durch die Bäume zu. Der Ertrag verringert sich, als Lebensraum, z. B. zur
Eiablage durch Insekten in abgestorbenen Pflanzenteilen, bleiben die Sträucher aber erhalten.
Steinhaufen und Sandbänke: Über die Fläche zieht sich ein Netz aus verschieden großen Lesesteinhaufen, die vielen
Reptilienarten und anderen Kleintieren wichtige und attraktive Versteckmöglichkeiten, mikroklimatisch günstige Sonnenplätze, Eiablagestellen sowie Winterquartiere bieten. Der Abstand der verschiedenen Habitate wird so gewählt, dass ein Zusammenspiel der Populationen und der verschiedenen Haufen / Lebensräume möglich ist.
Daneben sollen im selben Zuge einige Sandbänke realisiert werden, die v. a. Wildbienen als Nistplatz dienen sollen. Die Steine haben unterschiedliche Korngrößen, um vielen verschiedenen Tierarten Platz zu bieten.
Ziel ist es, das Regenwasser auf der Fläche zu halten und auch bei Starkregenereignissen auf der Fläche versickern zu lassen.
Durch die Klimakrise ist in Zukunft verstärkt mit Dürreperioden zu rechnen. Durch die dauerhafte Bodenbedeckung und die starke Durchwurzelung des Bodens in verschiedenen Tiefen wird der Großteil des Regens gehalten und versickert.
Fläche „Beerengarten"
Wie im Vielfaltwald soll auch im Beerengarten auf einer anderen Fläche in Oberaltertheim im Landkreis Würzburg eine vielfältige Dauerkultur entstehen. Ziel ist es auch hier zu zeigen, dass naturnahe Kleinräume und produktive Dauerkulturen auf ein und derselben Fläche zusammenwirken können. Aufgrund der begrenzten Fläche (ca. 0,35 ha), der Hanglage und
der für den maschinellen Einsatz ungünstigen Form kann die Fläche als Grenzertragsstandort angesehen werden.
Aufgrund der Exposition Richtung Süden und des
größtenteils vorhandenen Windschutzes gen Westen und Osten ist sie hingegen ein prädestinierter Lebensraum für wärmeliebende Tier- und Pflanzenarten. Die bestehende Gründüngungsmischung bleibt erhalten. Den Boden flächig umzubrechen, um eine Wiesen- bzw. Blühmischung einzusäen, scheint unverhältnismäßig in Anbetracht des hohen Blühaspekts der vorhandenen Vegetation. Um bei dieser Hanglange das Wasser auch bei Starkregenereignissen möglichst zu halten,
werden die Pflanzreihen entlang den Höhenlinien angelegt, um mit der Durchwurzelung eine gute Versickerung zu erreichen.
Das Projekt wird gefördert mit Mitteln des Freitaats Bayern und der Bundesrepublik Deutschland